Bio-Weingut mitten in der Breisgau-Metropole – Andreas Dilger: Durch pilzfeste Rebsorten fast kein Spritzmittel-Einsatz mehr
FREIBURG. Der Standort des Weingutes ist ebenso exklusiv wie die hier erzeugten Weine: Bio-Winzer Andreas Dilger hat sich beim alten Freiburger Straßenbahndepot niedergelassen – mitten in der Wiehre. Seit Jahren setzt der ECOVIN-Erzeuger ganz auf neue, pilzwiderstandsfähige Rebsorten (Piwi). In diesem Herbst ist sein Betrieb zu 100 Prozent auf „Piwis“ umgestellt.
Vermuten würde ihn hier niemand, und doch würde er nirgends besser hinpassen als hierhin: Das historische Straßenbahndepot der Freiburger Verkehrsbetriebe liegt mitten in der Wiehre, dem wohl grünsten Stadtteil der Breisgau-Metropole Freiburg. Auf das Weingut deuten freilich neben der ECOVIN-Fahnen nur ein Schild und einige Winzer-Utensilien neben dem mächtigen Hallen hin, die heute unter anderem durch die Freiburger Feuerwehr genutzt werden.
Die Rebberge des einzigen Bio-Winzers im Freiburger Stadtgebiet liegen zwar nicht hier in der Wiehre, sondern am Schönberg – und damit immerhin ebenfalls noch im Freiburger Stadtgebiet. Besucher würden den ehemaligen Sozialpädagogen und heutigen Biowinzer hier schwerlich suchen, wären da nicht die regelmäßigen kulturellen Veranstaltungen in seinen „Hallen“: Das Angebot reicht von Ausstellungen über Konzerte zu Themenabenden und Lesungen.
Seit nunmehr 13 Jahren betreibt Dilger den Bio-Weinbau. Zuerst war es ein Hobby, aber seit sieben Jahren trägt der Bioweinbau des Autodidakten als zweites Standbein zum Einkommen bei. Heute stehen neun Anlagen mit neun verschiedenen Sorten im Freiburger Ortsteil St. Georgen im Ertrag. „Nach und nach habe ich immer neue Flächen gepachtet“, berichtet Dilger, „und dann auf pilzfeste Rebsorten umgestellt.“ Das bedeutet Rodung der Weinberge und erst einmal investieren. Hilfe gibt’s in diesem Themenbereich nur beim ECOVIN-Regionalverband Baden und beim Beratungsdienst Ökologischer Weinbau.
Dilger ist sich im Klaren darüber, dass er nur eine Nische bedient. Noch immer gibt es großen Erklärungsbedarf bei den Kunden. Seine Weine gehen zum größten Teil an Privatkunden, die auch auf dem nahe gelegenen Wiehre-Markt bei ihm einkaufen. Der andere Teil seiner Weine wird bei seinen Veranstaltungen ausgeschenkt.
Maßgeblich für die Festlegung auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten sind natürlich auch die Arbeitserleichterungen durch den geringeren Spritzaufwand: „Auch wenn die pilzwiderstandsfähigen Sorten in schwierigen Jahren mal gespritzt werden müssen: Mein Verbrauch von Bio-Mitteln liegt bei nur rund einem Viertel dessen, was ein Bio-Betrieb braucht“, erklärt er. Das bedeutet nicht nur 75 Prozent Einsparung an Pflegepräparaten, sondern auch mehr Zeit für andere Arbeiten im Weinberg, weniger Trecker-Fahrten, weniger CO2-Belastung und weniger Bodenverdichtung.
Zum Einsatz kommen vor allem Sorten aus der Züchtung des Staatlichen Weinbauinstitutes Freiburg. „Freiburger Linie“ nennt er sein Profil deswegen, was auch eine augenzwinkernde Anspielung auf den Slogan der Verkehrsbetriebe nebenan ist. Johanniter, Helios, Solaris kommen zum Einsatz, ebenso wie Muscaris, Souvignier Gris, Cabernet Cortis und Monarch sowie Pinotin und Regent von anderen Weinbau-Instituten.
Für Matthias Wolff vom Beratungsdienst Ökologischer Weinbau am Freiburger Weinbauinstitut liegt die Zukunft des Bioweinbaus in den neuen pilzfesten Sorten. Wolff ist gleichzeitig Präsident von Piwi International, der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung pilzwiderstandsfähiger Rebsorten.
„Den Schweizer Rotweinpreis gewann dieses Jahr ein Marechal Foch“, berichtet er. Für ihn ein klarer Beweis dafür, dass auch mit den neuen Sorten erstklassige Ergebnisse möglich sind. Allerdings auch dafür, dass die Weine mit den exotischen Namen bislang vor allem in Blindverkostungen punkten. Und beim Verkauf an Privatkunden, denen man die neuen Weine erklären kann: Nur so funktioniert derzeit die Vermarktung, in der traditionelle Rebsortennamen eine wichtige Rolle spielen.
Wolff wünscht sich für die Aufklärungsarbeit bei den Verbrauchern auch mehr staatliche Unterstützung: „Schließlich wurden die heutigen, hervorragenden Sorten auch an staatlichen Züchtungsanstalten entwickelt“, argumentiert er. Dass sich der Markt ändern wird, davon ist er überzeugt. Angesichts der Tatsache, dass Piwi International jetzt 10 Jahre existiert und schon vieles erreicht habe lässt sich aber auch ablesen, dass dieser Prozess dauert.
Auf Markt und Modetrends schielt Biowinzer Dilger bei der Umstellung seiner Anlagen auf pilzfeste Rebsorten nicht, im Vordergrund steht die Freude am Experimentieren: „Einen Roséwein vom Cabernet Cortis gab es zuvor noch gar nicht“, berichtet er und ist stolz auf das Ergebnis. Sekt und Secco, Liköre und Brände bietet der Kleinbetrieb ebenso an wie Obstsäfte aus Streuobstbau.
Die Offenheit für Neues spiegelt sich auch in seinem kulturellen Angebot. Dass die Lesung mit der Nobelpreisträgerin Herta Müller, die er in Zusammenarbeit mit einer Buchhandlung in sein Weingut eingeladen hatte, nun in den 1000 Zuhörer fassenden Paulussaal verlegt wird, grämt ihn nicht. Nachdem die Karten innerhalb von zwei Tagen ausverkauft waren und er weiterhin die Bewirtung übernimmt, wird er seine Bioweine am 20. Oktober dort an ein wesentlich größeres Publikum ausschenken.
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