Der Wetterbericht hatte meistens nicht Recht in dieser Woche: Fast jeden Tag riss die Bewölkung am Mittag auf und strahlender Sonnenschein tauchte die bunten Weinberge bis zum Abend in ein mildes Licht. Der größte Teil der Lese ist vorbei, nur wenige Trauben hängen noch. Die Winzer sind zufrieden: „Mir nemmes wies kunnt“.
Slow Food zu Gentechnik
Slow Food Deutschland hat sich per Pressemitteilung zum Thema Gentechnik zu Wort gemeldet. Die Haltung ist klar, auch wenn die Formulierungen diplomatisch klingen:
Wir fordern die Festlegung eines Vorsorgeprinzips: Es dürfen auf offenen Feldern keine Anpflanzungen erfolgen, solange es keine Sicherheit gibt, dass schädliche Folgen für die Umwelt, die Tierwelt und den Menschen ausgeschlossen sind.
Den ganzen Text kann man hier nachlesen.
“Ich werfe nie mit Trollinger!“
Nun widmet sich auch einer meiner Lieblingsjournalisten dem Thema Wein (beruflich, wohlgemerkt). “Ich werfe nie mit Trollinger!“ schreibt die Süddeutsche heute in ihrem Panorama und berichtet, dass der gebürtige Schwabe ab diesem Sonntag wöchentlich bei n-tv um 15.30 Uhr in Vinum TV durch die Welt der Weine führt.
Das geschieht in jüngerer Zeit öfters. Und egal ob da minutenlang solide Limousinen durch idyllische Weinbergslandschaften gleiten oder proppere Winzer vollmundige Phrasen ablassen: Man meint schnell zu wissen, was den Ausschlag für die Berichterstattung gegeben hat. Kienzle hat gute Absichten:
Wir wollen eine Art Navigationssystem sein – allerdings für ganz normale Weintrinker. Es wird keine Sendung für Status-Trinker, die 2000 Euro teure Weine schlucken. Und wir werden keine Rücksicht auf Interessenvertreter nehmen.
Das klingt doch schon mal ganz vielversprechend.
Ökowein vs. Biowein
Heißt es nun Ökowein oder heißt es Biowein? Egal. Dem Weintrinker wirds gleich sein. Den Öffentlichkeitsarbeiten und Verbandsvertretern ist es nicht ganz so gleichgültig. So heißt ja auch der ECOVIN-Verband mit vollem Namen „Bundesverband für ökologischen Weinbau“. Und der Beratungsdienst führt im Namen eben auch den ökologischen Weinbau.
Allein: Das Wort ist etwas sperrig. Und der manchmal etwas abgegriffene Bio-Begriff geht halt doch etwas leichter über die Zunge. Immerhin sind beide Worte oder Vorsilben ja wenigstens kurz und knackig. Die Engländer reden von organic wine, was etwas bildhafter, aber auch umständlicher klingt.
Die etwas andere Suchmaschine kann Tussle kann zumindest in einer Hinsicht weiter helfen: Sie findet das im Internet weiter verbreitete Wort, indem sie beide in Google gegeneinander antreten lässt. Das Ergebnis ist etwa so, wie wir uns das gedacht haben: Mit einem Verhältnis von etwa 3:1 siegt der Begriff „Biowein“ über „Ökowein“.
Die Konsequenz: Naja, dramatisch wird es nicht. Wir trinken weiter Bio- und Ökowein und im Sprachgebrauch gewinnt das Bio weiter an Boden.
Köche bloggen bei der Zeit
Nachgesalzen heißt das neue Blogg der ZEIT mit drei baden-württembergischen Köchen: Vincent Klink von der Stuttgarter Wielandshöhe, Bertram Blauel aus Neuenburg und Karl-Josef Fuchs vom Spielweg im Münstertal schreiben lebendige, prägnante Beiträge. Sozusagen das Salz in der Suppe der ZEIT. Lesenswert.
Siebeck über Bio-Wein
In der August-Ausgabe der Naturkost-Zeitschrift eve schreibt ZEIT-Autor Wolfram Siebeck über Bio-Wein. Der Feinschmecker mit der spitzen Feder benutzt dabei überaus deutliche Worte:
„Es ist an der Zeit, dass die Spötter das Maul halten und die Zweifler bereuen.“
Aber es bleibt nicht bei solch eher schlichten Prosa: Siebeck schreibt auch hier wie fast immer fundiert und geschliffen. Er kennt sich aus, auch mit den internationalen Vorbildern des Bio-Weinbaus, mit deren Weinen und er kennt die Arbeitsweise der Biowinzer. Und er hat offensichtlich auch großen Respekt vor dieser Arbeit.
Matthias Wolff, Ökoweinbau-Berater
Matthias Wolff hat vielleicht schon mehr für den Bioweinbau erreicht als mancher Verband, Politiker oder Funktionär (und mehr als mancher Medienschaffender, um mich auch an die eigene Nase zu fassen). Er ist Berater für Ökologischen Weinbau in Baden-Württemberg.
An ihn wenden sich die Biowinzer, solche die es werden wollen und solche, die es eigentlich nicht werden wollen, aber trotzdem so biologisch wie möglich arbeiten, wenn es Probleme gibt und wenn sie Fragen haben. Also eigentlich fast immer. Denn der Wunsch auf alle Chemie zu verzichten wird immer wieder attackiert von den widrigen Bedingungen: Mehr Regen und Feuchtigkeit, zu viel Wärme oder Kälte zum falschen Zeitpunkt, oder auch wenn irgendwelche Arbeiten im Keller nicht so voran gehen, wie sie es sollten.
Idealerweise müssen dazu nicht mal die Winzer zum Berater kommen: In der heißen Phase, der Vegetationszeit, kommt er zu ihnen. Bei seinen Begehungen zieht er mit den Winzern einer Region durch die Weinberge, schaut sich an, wie sich Vegetation oder auch Pilz- und andere Krankheiten entwickeln und gibt gute Ratschläge. Ratschläge, die viel Geld wert sind. Denn Biowinzer haben keine Versicherung und kein Allheilmittel im Rücken: Wenns nicht klappt, gibts keine Ernte, also auch kein Geld.
Organisiert wird die Arbeit vom Beratungsdienst Ökologischer Weinbau, der diese Stelle mitträgt. Sein Arbeitsplatz ist beim Freiburger Weinbauinstitut angesiedelt, bezahlt wird er größtenteils vom Land für seine Arbeit und vom Verein Beratungsdienst. Kein Wunder, dass so einer immer zu tun hat und sehr gefragt ist. Und auch wenn sein Name nicht auf den Etiketten steht, in manchen Jahren und bei manchen Winzern hat er großen Anteil am Gelingen.
Logos im Wettbewerb
„Biologisch hässlich“ findet Matthias Preidel das sechseckige Bio-Siegel:
So gut ich die Einführung eines einheitlichen Bio-Siegels finde, so misslungen finde ich die Gestaltung des deutschen Entwurfs…
Preidel ist freier Art-Director und von daher kann man sein Urteil schon ernst nehmen. Als positives Beispiel nennt er das Bio-Siegel der EU. Ich kann ihm da nur zustimmen. Das ECOVIN-Zeichen, meist eher klein mit den symbolischen Trauben auf Etiketten finde ich da angenehmer.
Das Bio-Siegel des deutschen Verbraucherschutzministeriums für Produkte des ökologischen Landbaus soll Transparenz beim Kauf von Lebensmitteln erreichen. In der Praxis konnte es sich kaum durchsetzen gegen die Logos der Verbände ECOVIN, Bioland, Demeter, Naturland, etc.
Biologisch-dynamischer Weinbau im Fernsehen
ECOVIN-Winzer Harald Briem aus Bötzingen (auf dem Bild oben ganz rechts) bekam dieser Tage einen überraschenden Anruf: Ob er nicht die biologisch-dynamische Arbeitsweise in seinem Bio-Rebberg erläutern wollte? Klar wollte er, er tut das öfter. Als engagiertes Mitglied von ECOVIN Baden oft genug auch für Verbraucher und interessierte Winzer.
Dieses Mal sollte er das vor laufender Fernsehkamera tun, zum Beispiel für Fernseh-Koch Johann Lafer und Moderatorin Ulrike Neradt. Wenn alles so klappt, wie es abgesprochen ist, dann erscheint der Beitrag mit dem Interview in der Sendung „Fröhlicher Weinberg“, die am Freitag, 2. September um 20.15 im SWR ausgestrahlt wird.
Wer also Zeit und Lust hat reinzuschauen, der sollte an dieser Stelle erfahren, wie der Nebenerwerbswinzer seine Reben biologisch-dynamisch bewirtschaftet, wie er homöopathische Mottenbekämpfung betreibt oder seinen Pflanzenschutz nach Mondkonstellationen ausrichtet. Vermarktet wird der Wein von Harald Briem übrigens ebenso wie der Wein etlicher anderer ECOVIN-Erzeuger über die
Wintergenossenschaft Wasenweiler.
Genussmenschen
So könnte man sie bezeichnen, die Mitglieder des Slow Food Conviviums Freiburg. Ob sie selbst damit so einverstanden sind, ist fraglich, denn etwas mehr als einfach nur genießen machen sie schon.
Thomas Weidner oben im Bild zum Beispiel, macht deutlich mehr: Er organisiert mit den anderen Mitgliedern zusammen regelmäßige Treffen und Verkostungen, informiert sich über regionale Produkte und Erzeuger und sorgt schließlich auch für eigene Veranstaltungen und Kooperationen wie die mit ECOVIN Baden und anderen Partnern.
Nur des eigenen Genusses wegen brauchts diesen Aufwand nicht: Längst kennt Weidner nicht nur in Südbaden die besten Adressen für Essen und Trinken, kennt Weinerzeuger und Biobauern und Chocolatiers und Metzger. Die Kooperationen mit etlichen Bio-Anbietern haben eher indirekt mit den Ansprüchen von Slow Food zu tun. Dort bevorzugt man nicht prinzipiell Bioprodukte, sondern zunächst natürlich „nur“ regionale Produkte guter Qualität. Umso besser, wenn dabei die Bio-Erzeuger gut vertreten sind.